Oktober 2022: Heimat Westfalen, 35. Jahrg. 5/2022

Ausgabe 5/ 2022 HEIMAT WESTFALEN Starke Allianzen für Kultur in ländlichen Räumen

i n h a l t 3 Editorial Starke Allianzen für Kultur in ländlichen Räumen 4 Markus Hilgert Die Bedeutung des Ehrenamtes für den Erhalt des kul- turellen Erbes: Chancen, Herausforderungen, Perspektiven 18 Silke Eilers und Anna Schlottbohm Digitaler Werkzeugkasten für Engagierte in der Kultur in NRW. Staatskanzlei fördert Pilotprojekt von Westfälischem Heimatbund und DAKU 24 Markus Denkler 50 Jahre Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens 29 Meine Heimat Westfalen Udo Böhme Aus Geschäftsstelle und Gremien 30 WHB-Vorsitzender Dr. Georg Lunemann beim Heimat- gebietstag der Kreise Paderborn und Höxter in Niesen 31 Dr. Silke Eilers gratuliert Heimatvereinen in Reken und Heiden zum Jubiläum Servicebüro WHB 32 Youvo – You create. You volunteer. Zugang zu Digital- und Kreativ-Kompetenzen für die Zivilgesellschaft 33 Neuer Online-Sprachkurs „Dat Mönsterlänner Platt“ 34 Digitalteam westfälische Museen. Digitale Projekte realisieren – Beratung, Betreuung, Umsetzung 35 Kompass für ökologisch nachhaltiges Produzieren im Kulturbereich WHB-Projekte 36 Rolle vorwärts – der Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen 38 Westfälische „Lieblingsdenkmäler“ für Podcast-Projekt „Das sprechende Denkmal“ ausgewählt 40 Universität Münster erforscht „Koloniales Erbe vom Dachboden“ aus Westfalen-Lippe 42 Literatur- und Fotografie-Projekt „Experiment Heimat“. Ergebnisse veröffentlicht Neue Mitglieder im WHB 43 Trägerverein Höebs Haus e. V. WHB-Seminare 44 Westfalen-Akademie und WHB-Digital-Sprechstunde WHB-Foren 45 WHB-Forum „Natur und Umwelt“: Packen wir’s an! Exkursion zur Naturparkschule in Hallenberg Engagiert vor Ort 46 Heimatmacher-Praxisbeispiele aus Ihrer Arbeit Tagungen und Veranstaltungen 50 Engagiert! Kunst und Kultur in Westfalen-Lippe – 11. Westfälische Kulturkonferenz (digital) 52 Bestseller-Verfilmung „Mittagsstunde“ zeigt das Dorf im Wandel. Westfälischer Heimatbund lädt ein zu Sonderveranstaltung 53 Fachgespräch zu Unterstützungsmöglichkeiten für kulturförderndes Engagement in ländlichen Räumen Dank und Anerkennung 54 Elmar Reuter 55 Martin Maschke Neuerscheinungen 56 Der Max-Clemens-Kanal. Wanderungen mit Geschichte und Geschichten 56 Flora im östlichen Sauerland 57 Rundwanderwege zur Archäologie in Ostwestfalen-Lippe 57 Vereint unter den Türmen der Abtei. 50 Jahre Marienmünster Heimat Westfalen ISSN 2569-2178 / 35. Jahrgang, Ausgabe 5/2022 Herausgeber: Westfälischer Heimatbund e. V. · Kaiser-Wilhelm-Ring 3 · 48145 Münster. Vorstand im Sinne des § 26 BGB: Dr. Georg Lunemann (Vorsitzender), Birgit Haberhauer-Kuschel (stellvertr. Vorsitzende) Vereinsregister des Amtsgerichts Münster, Nr. 1540 · Steuer-Nr.: 337/5988/0798 Telefon: 0251 203810-0 · Fax: 0251 203810-29 E-Mail: whb@whb.nrw · Internet: www.whb.nrw Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Dr. Silke Eilers Schrift- und Anzeigenleitung: Dr. Silke Eilers Redaktion: Dr. Silke Eilers, Dörthe Gruttmann, Frauke Hoffschulte, Sarah Pfeil, Astrid Weber Layout: Gaby Bonn, Münster Druck: Druck & Verlag Kettler GmbH · Robert-Bosch-Straße 14 · 59199 Bönen Für namentlich gezeichnete Beiträge sind die Verfasser persönlich verantwortlich. Diese Zeitschrift erscheint im Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember. Titelbild: Junge Freizeitkultur in Münster: „Auf Weiter Flur“ – zweitägiges Musik- und Kleinkunstfestival Anfang August 2014 mit 14 Bands auf vier Bühnen und allerlei Belustigung für Groß und Klein am Gasthof Maikotten, Maikottenweg. Foto/Martin Albermann © LWL-Medienzentrum für Westfalen Gefördert von:

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 3 ultur ist mehr als sogenannte Leuchttürme in den Metropolen und hat auch in ländlichen Räumen eine ausgesprochen lebendige Heimat. Ländliche Räume verfügen über eine vielfältige Kulturlandschaft und Orte mit Strahlkraft. Auch hier ist die vermeintliche Provinz als Ideengeber und Innovationsmotor viel progressiver als gemeinhin gedacht. Zentraler Faktor für das kulturelle Leben ist das bürgerschaftliche Engagement. Dies gilt für ländliche Räume sicherlich noch einmal im Besonderen. Vielfach sind es gerade ehrenamtlich Aktive, die sich als Kulturträger, Kulturförderer und Kulturvermittler betätigen. Sie betreiben Museen und Begegnungsorte, erhalten kulturelles Erbe, gestalten kulturelle Angebote verschiedenster Couleur oder leisten kulturelle Bildung und eröffnen Kommunikationsräume. In ländlichen Räumen sind sie mitunter die einzigen Akteure, die sich um die kulturelle Daseinsvorsorge kümmern. Strategien und konkrete Handlungsansätze sind gefragt, um Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement in der Kultur zu verbessern. Hier setzen auch aktuelle, aus der Engagementstrategie für das Land NRW erwachsende kulturspezifische Konzepte an. Gemeinsammit Kooperationspartnern möchten wir als Dachverband der Heimat-, Bürger- und Kulturvereine in Westfalen die Kompetenzen der Engagierten mit passgenauen Angeboten fördern, Erfahrungsaustausch und Vernetzung erleichtern sowie einen Beitrag zur Sicherung gewachsener Strukturen leisten. Die fünfte Ausgabe der Verbandszeitschrift widmet sich starken Allianzen für Kultur in ländlichen Räumen. Die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements für den Erhalt des kulturellen Erbes reflektiert der Generalsekretär und Vorstand der Kulturstiftung der Länder, Prof. Dr. Markus Hilgert. Wie das von der Staatskanzlei des Landes NRW geförderte Pilotprojekt von Westfälischem Heimatbund und DAKU „Digitaler Werkzeugkasten für Engagierte in der Kultur in NRW“ den digitalen Wandel im Ehrenamt unterstützen kann, stellen WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers und Projektleiterin Anna Schlottbohm vor. Über die Arbeit der Kommission für Mundart- und Namenforschung informiert ihr Geschäftsführer Dr. Markus Denkler anlässlich des 50-jährigen Jubiläums. In den Service-Rubriken berichten wir über Ihre westfälischen „Lieblingsdenkmäler“, die für das gemeinsam von WHB und WestLotto gestartete Podcast-Projekt „Das sprechende Denkmal“ ausgewählt worden sind. Zudem erfahren Sie unter anderem mehr über die digitale Engagement-Plattform Youvo und das „Digitalteam westfälische Museen“. Des Weiteren geben wir einen Einblick in das Programm der diesjährigen Westfälischen Kulturkonferenz und ein Fachgespräch zu Unterstützungsmöglichkeiten für kulturförderndes Engagement in ländlichen Räumen. Gerne möchten wir Sie bereits heute sehr herzlich einladen, sich ab Dezember um „Rolle vorwärts – der Preis des Westfälischen Heimatbundes für frische Ideen“ zu bewerben. Wir freuen uns auf Ihre Einsendungen! Foto/ Greta Schüttemeyer Herzliche Grüße Ihre Dr. Silke Eilers Geschäftsführerin des WHB k e d i t o r i a l

4 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 Die Bedeutung des Ehrenamtes für den Erhalt des kulturellen Erbes: Chancen, Herausforderungen, Perspektiven von Markus Hilgert vom bürgerschaftlichen Engagement anderer profitiert haben, oder auf Erzählungen von bürgerschaftlichem Engagement, die einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen haben. Allein dieser Umstand, dass die meisten, wenn nicht alle Menschen in unserer Gesellschaft spontan etwas Persönliches zum Thema „Ehrenamt“ berichten könnten – selbst, wenn sie nicht diesen Begriff verwenden oder von „bürgerschaftlichem Engagement“ sprechen – zeigt d Bürgerschaftliches Engagement: Drei Bilder ie Begriffe „Ehrenamt“ und „bürgerschaftliches Engagement“ rufen in uns ganz verschiedene, vielfach sehr persönliche Erfahrungen und Erinnerungen wach. Diese Erfahrungen und Erinnerungen mögen sich auf das eigene bürgerschaftliche Engagement beziehen, auf Situationen, in denen wir selbst starke allianzen für kultur Eindruck des Eröffnungsgespräches der Jahrestagung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger am 15. Mai 2022 im Erbdrostenhof Münster Foto/ LWL/Thorsten Arendt

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 5 Der Dom zu Limburg von Südwesten Foto/ aro49— stock.adobe.com eindrucksvoll, dass unsere Gesellschaft ohne das Ehrenamt nicht denkbar ist oder, anders formuliert, dass unser Zusammenleben ohne bürgerschaftliches Engagement – ohne Ihr bürgerschaftliches Engagement – niemals gelingen könnte! Dies ist keineswegs übertrieben, denn derzeit sind es etwa 30 Millionen Menschen in Deutschland – also deutlich mehr als ein Drittel unserer Bevölkerung – die sich freiwillig in Sport-, Kultur- und Musikvereinen, in Schulen und Kindertageseinrichtungen, in Umweltprojekten, im Pflege- und Gesundheitsbereich, in Bürgervereinen und Stadtteilinitiativen sowie in den im Bevölkerungsschutz tätigen Organisationen wie den Feuerwehren engagieren.1 Erstens: Westerwald Wenn ich selbst das Wort „Ehrenamt“ höre, dann sind es vor allem drei Bilder, die mir ganz unwillkürlich in den Sinn kommen. Zunächst denke ich an meine Kindheit in einem kleinen Dorf am Fuße des Westerwaldes. Alles, was das menschliche Zusammenleben dort lebenswert und besonders machte, was Zusammenhalt förderte und gegenseitige Solidarität stärkte, basierte auf bürgerschaftlichem Engagement: Der Fußballverein, die Frauengemeinschaft, der Männergesangverein, der Gemeinderat, die Freiwillige Feuerwehr. Natürlich spielten auch die Kirchen mit ihren kulturellen und sozialen Aktivitäten eine wichtige Rolle. Doch auch diese Aktivitäten wurden maßgeblich getragen durch das ehrenamtliche Engagement von Frauen und Männern – in vielen Fällen dieselben Bürgerinnen und Bürger, die sich auch an anderer Stelle freiwillig und unentgeltlich für die Dorfgemeinschaft einsetzten. Dieses engmaschige Geflecht aus tätigem, fürsorglichem und uneigennützigem Engagement, in dem sich auch die Vielstimmigkeit der Dorfgesellschaft entfalten konnte und dass sich gerade in schwierigen Zeiten als stabil und widerstandsfähig erwies, hat mein persönliches Idealbild von gesellschaftlichem Miteinander nachhaltig geprägt. Zweitens: Chicago Das zweite Bild, das ich mit dem Begriff Ehrenamt stets in Verbindung bringe, stammt aus meiner Studienzeit und hat meine Vorstellung davon, wie weit bürgerschaftliches Engagement gehen und wie wichtig es für die Handlungsfähigkeit von Institutionen sein kann, grundlegend verändert. Am Oriental Institute der University of Chicago, zu dem auch ein Museum sowie eine umfangreiche Sammlung von archäologischem Kulturgut aus Westasien und Nordafrika gehören, lernte ich, dass sogenannte Volunteers, also Freiwillige, in vielen Abteilungen der Einrichtung mit verantwortungsvollen Tätigkeiten betraut waren, so etwa bei der Dokumentation und Registrierung von Sammlungsbeständen, in der Forschungsbibliothek, in den zahlreichen VermittDie Statue eines Lamassu – eines assyrischen Schutzdämons im Oriental Institute Museum in der University of Chicago Foto/ Trjames (abgerufen am: 29. September 2022 unter: commons.wikimedia.org/wiki/ File:Lammasu.jpg, „Lammasu“, creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode) in ländlichen räumen

6 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 lungsprogrammen des Oriental Institute oder als Botschafterinnen und Botschafter dieser Einrichtung in der Öffentlichkeit. Bis heute hat sich daran nichts geändert, und man kann ohne Übertreibung sagen, dass das weltweit renommierte Oriental Institute der University of Chicago die Vielfalt und das Niveau seiner Aktivitäten kaum würde aufrechterhalten können ohne das freiwillige Engagement zahlreicher motivierter und fachlich qualifizierter Bürgerinnen und Bürger. Anders formuliert und mit Blick auf den Titel meines Beitrags zugespitzt: Am Oriental Institute war und ist die Bedeutung des Ehrenamts für den Erhalt des kulturellen Erbes grundlegend. Drittens: Palmyra Sehr viel dramatischer und für die unmittelbar Beteiligten ungleich gefährlicher ist das dritte Szenario, das mir ebenfalls immer dann vor Augen tritt, wenn die Rede ist vom bürgerschaftlichen Engagement, insbesondere vom bürgerschaftlichen Engagement für die Kultur: Ich denke an die Kolleginnen und Kollegen der syrischen Antikenverwaltung, die, unterstützt von vielen in der Region ansässigen Freiwilligen im Frühjahr 2015 die Sammlung des archäologischen Museums in Palmyra evakuiert und so gut versteckt hatten, dass die Plünderer des sogenannten Islamischen Staats ein nahezu leeres Museum vorfanden und über Wochen hinweg vergeblich nach den vorsorglich geborgenen Sammlungsbeständen suchten. Der Archäologe Khaled al Assad, der von 1963 bis zu seiner Pensionierung 2003 Direktor des Museums und der archäologischen Stätten von Palmyra war und selbst unter Folter nicht preisgeben wollte, wohin man die archäologischen Kulturgüter aus dem Museum von Palmyra verbracht hatte, bezahlte seine Standhaftigkeit schließlich mit dem Leben. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele aus jüngerer Zeit für die Rettung von Kulturgütern durch das beherzte Engagement von Freiwilligen in Krisen- und Kriegssituationen, so etwa die Bergung von mittelalterlichen Manuskripten aus Timbuktu, Mali, im Jahr 2012, die Starke Allianzen für Kultur Dieses am 27. März 2016 von der Syrischen Nachrichtenagentur Syrian Arab News Agency (SANA) erstmals veröffentlichte Foto zeigt die zerstörten Statuen im Palmyra Museum in Syrien. Foto/ Syrian Arab News Agency (SANA)

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 7 Bergung und Sicherstellung von mittelalterlichen Manuskripten im Ahmed Baba Centre, Bamako, Timbuktu, Mali in 2013 Foto/ UNESCO Bureau of Mali (abgerufen am: 29. September 2022 unter: commons.wikimedia. org/wiki/File:Timbuktu- 139084.jpg, „Timbuktu-139084“, creativecommons.org/licenses/ by-sa/3.0/igo/deed.en) in ländlichen räumen „Große Herausforderungen wie etwa die nachhaltige Kulturpflege unter Bedingungen des Klimawandels, kulturelle Bildung in einer vielfältigen Gesellschaft, der digitale Wandel, die zeitgemäße Organisationsentwicklung oder der Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten sind ohne die Vielstimmigkeit, ohne die Multiperspektivität und ohne die disruptive Energie, die bürgerschaftliches Engagement in einer aktiven Zivilgesellschaft erzeugen kann, nicht zu bewältigen.“ Unterbringung besonders wertvoller Bestände des afghanischen Nationalmuseums in Kabul – des sogenannten Baktrischen Goldes – in einem Tresor tief unter dem afghanischen Präsidentenpalast im Jahr 1989 oder aktuell die Evakuierung von Museen, Bibliotheken und Archiven in der Ukraine gerade auch durch Freiwillige, unter schwierigsten Bedingungen und großer Gefahr für Leib und Leben. Nicht zuletzt in Krisenzeiten erweisen sich also der gesellschaftliche Zusammenhalt und die erhöhte Widerstandsfähigkeit, die ein breites bürgerschaftliches Engagement bewirken kann, als besonders wertvoll. Bürgerschaftliches Engagement: Drei Begründungen Wenn man versuchen will, die Bedeutung von Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement für unsere Gesellschaft im Allgemeinen und den Erhalt des kulturellen Erbes im Besonderen zu ermessen, sollte man zunächst ganz konkret auf das schauen, was Frauen und Männer freiwillig und unentgeltlich in den Bereichen Wohlfahrtspflege, Forschung, Bildung und Erziehung, Natur- und Umweltschutz, Sport, Menschen- und Bürgerrechte, Religion und nicht zuletzt Kultur leisten. Allein in Nordrhein-Westfalen sind es rund sechs Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl engagieren. Schwerpunkte des bürgerschaftlichen Engagements im Bereich Kultur bei zivilgesellschaftlichen und öffentlichen Einrichtungen, Projekten sowie Initiativen sind dabei die Kulturpflege, die kulturelle Bildung, die Arbeit der soziokulturellen Zentren sowie vor allem die Pflege der sogenannten Breitenkultur in den zahlreichen Orchestern, Chören, Theater- und Tanzgruppen sowie Kulturvereinen. Wie auch sonst überall in Deutschland dürfte für Nordrhein-Westfalen gelten, dass das kulturelle Leben in seiner bunten Vielfalt ohne bürgerschaftliches Engage-

8 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 ment zum Erliegen kommen würde. Anders formuliert: Wenn man kulturelles Erbe als die Gesamtheit der materiellen und immateriellen, beweglichen und unbeweglichen Kulturgüter versteht, denen eine Gesellschaft eine besondere Bedeutung zuschreibt, dann ist breites und qualifiziertes bürgerschaftliches Engagement nichts weniger als eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt unseres kulturellen Erbes, eine conditio sine qua non (aus dem Lateinischen wörtlich: „Bedingung, ohne die nicht“, das heißt notwendige Bedingung). Jenseits dieser sehr konkreten Argumentation, mit ihrem Blick auf die tatsächlichen Beiträge des bürgerschaftlichen Engagements zu unserem gesellschaftlichen Zusammenleben insgesamt und dem Erhalt des kulturellen Erbes im Besonderen, sind es drei eher grundsätzliche Erwägungen, die meine persönliche Wertschätzung gegenüber dem Ehrenamt maßgeblich prägen. Erstens: Demokratie An erster Stelle steht dabei meine Überzeugung, dass bürgerschaftliches Engagement im zivilgesellschaftlichen Raum Voraussetzung wie Kennzeichen einer liberalen und pluralistischen Demokratie ist. Der im Bereich Zivilgesellschaft und Stiftungswesen tätige Politikwissenschaftler und Historiker Rupert Graf Strachwitz spricht mit Blick auf die Zivilgesellschaft als „Arena des bürgerschaftlichen Engagements“ von einer „Voraussetzung für das Funktionieren der Demokratie.“ Die Zivilgesellschaft sei insoweit „systemrelevant und demokratiekonform.“ „Beides“ – eine aktive, selbständige Zivilgesellschaft und die Demokratie – „gründet auf Rechten, die jeder Bürgerin und jedem Bürger von Natur aus innewohnen“, so Strachwitz. „Die Rechte sind im Grundgesetz verbrieft, gehen jeder Verfassung aber voraus; zu ihrer Achtung hat sich Deutschland in zahlreichen völkerrechtlich verbindlichen Erklärungen und Verträgen verpf lichtet. […] Deutschlands Mitgliedschaft in der Europäischen Union ist zwingend daran gebunden, dass Menschen- und Bürgerrechte, die Herrschaft des Rechts und Demokratie die handlungsleitenden Prinzipien jeder gesetzgebenden, richterlichen und exekutiven Gewalt bilden. Das Gewaltmonopol, das die Bürgerinnen und Bürger dem Staat eingeräumt haben, ja überhaupt das Mandat, das sie ihm als Herrinnen und Herren des Verfahrens erteilt haben, findet hier seine Grenze. Die Tätigkeit selbst ermächtigter, selbstorganisierter, unabhängiger kollektiver Akteurinnen und Akteure im öffentlichen Raum unterliegt insofern nicht der Disposition staatlicher Organe, ist schon gar nicht starke allianzen für kultur Titelblatt des Kataloges zur Ausstellung „Afghanistan. Gerettete Schätze. Die Sammlung des Nationalmuseums in Kabul“ im Jahr 2011 Grafik/ Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH (abgerufen am: 29. September 2022 unter: www.bundeskunsthalle.de/ausstellungen/ archivierte-ausstellungen/afghanistan.html) „Wir brauchen den Einsatz, das Wissen und die Leidenschaft möglichst vieler Menschen! In dem Maße, in dem wir Kultur als Produkt von Vielfalt und kreativem Reichtum begreifen, müssen wir auch dafür sorgen, dass im Kulturbereich Vielfalt und kreativer Reichtum nicht nur erhalten bleiben, sondern stetig weiterwachsen. Wir müssen also die Voraussetzungen dafür schaffen, dass bürgerschaftliches Engagement in der Kultur ausgebaut werden kann und das Ehrenamt gestärkt wird.“

Foto/ Hannes Mallaun — stock.adobe.com HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 9 und in keiner Weise eine Konzession mit Genehmigungsvorbehalt, sondern ein originäres, nicht anzutastendes Recht aller Bürgerinnen und Bürger.“2 Zweitens: Vielfalt Ein zweites gewichtiges Argument grundsätzlicher Natur für das bürgerschaftliche Engagement – insbesondere in der Kultur und für den Erhalt des kulturellen Erbes – ist, dass allein die Vielfalt der Kompetenzen, Handlungsweisen, Bewertungen und Erfahrungen, die eine breite Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an gesamtgesellschaftlich relevanten Aufgaben mit sich bringt, die Grundlage für einen angemessenen Umgang mit der inhärenten Komplexität dieser Aufgaben schaffen kann. Die Ahrbrücke oder Nepomukbrücke in Rech, einer Ortsgemeinde im Landkreis Ahrweiler (Rheinland-Pfalz), ist eine Steinbogenbrücke über die Ahr. Die Straßenbrücke verbindet den Ortskern mit der Bundesstraße 267. Das Bauwerk ist seit 1981 ein geschütztes Kulturdenkmal. Auf die Kultur fokussiert, bedeutet dies: Große Herausforderungen wie etwa die nachhaltige Kulturpflege unter Bedingungen des Klimawandels, kulturelle Bildung in einer vielfältigen Gesellschaft, der digitale Wandel, die zeitgemäße Organisationsentwicklung oder der Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten sind ohne die Vielstimmigkeit, ohne die Multiperspektivität und ohne die disruptive Energie, die bürgerschaftliches Engagement in einer aktiven Zivilgesellschaft erzeugen kann, nicht zu bewältigen. Wir brauchen den Einsatz, das Wissen und die Leidenschaft möglichst vieler Menschen! In dem Maße, in dem wir Kultur als Produkt von Vielfalt und kreativem Reichtum begreifen, müssen wir auch dafür sorgen, dass im Kulturbereich Vielfalt und kreativer Reichtum nicht nur erhalten bleiben, sondern stetig weiterwachsen. Wir müssen also die Voraussetzungen dafür schaffen, dass bürgerschaftliches Engagement in der Kultur ausgebaut werden kann und das Ehrenamt gestärkt wird. Drittens: Resilienz Bevor ich darauf eingehe, mit welchen Instrumenten und Maßnahmen ein solcher Ausbau des bürgerschaftlichen Engagements in der Kultur aus meiner Sicht erfolgen könnte, möchte ich kurz den dritten, grundsätzlichen Aspekt benennen, der die Bedeutung dieses Engagements für die Gesellschaft im Allgemeinen und unser kulturelles Erbe im Besonderen verdeutlicht. Ich habe ihn bereits mehrfach anklingen lassen. Es ist der Aspekt der Widerstandsfähigkeit einer Gesellschaft, ihrer Resilienz, insbesondere in Zeiten der Krise. Wichtige Impulse gibt in diesem Zusammenhang die inter- und transdisziplinäre Resilienzforschung. Sie nimmt zunehmend auch komplexe sozioökologische Systeme in den Blick, deren Funktionalität von einer Kombination aus ökologischen und sozialen Faktoren bestimmt wird. in ländlichen räumen

10 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 Dabei geht es um die übergeordnete Frage, wie solche komplexen adaptiven Systeme auf die Herausforderungen, Chancen und Risiken reagieren, die sich aus Veränderungen in Gesellschaft, Technologie oder Umwelt ergeben. Jüngere sozialwissenschaftliche Untersuchungen deuten in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Vielfalt und die damit einhergehende Vielfalt von Reaktionsoptionen die Resilienz von Gesellschaften bei Veränderungsprozessen maßgeblich beeinflusst.3 Wenn es zutrifft, dass in komplexen Systemen eine Korrelation zwischen Diversität und Resilienz besteht und dass sich Vielfalt und Redundanz in den verschiedenen Komponenten eines Systems positiv auf dessen Kapazität auswirken, disruptiven Veränderungen oder massiven Erschütterungen adaptiv zu begegnen, so muss dies auch Konsequenzen für die Stärkung bürgerschaftlichen Engagements in unserer Gesellschaft insgesamt sowie in der Kultur im Besonderen haben. Es kommt darauf an, bei der Bewältigung großer, transsektoraler Herausforderungen wie dem Schutz von Kulturgut die Vielfalt der Perspektiven und des Wissens sowie die Diversität der Gegenstandsbereiche, Konzepte und Methoden zu erhalten und nach Möglichkeit auszubauen. Wir müssen dies tun, um die Leistungsfähigkeit und Resilienz unserer Gesellschaft insgesamt, aber auch des Kultursektors sowie des Bildungs- und Wissenschaftssystems im Besonderen zu gewährleisten, gerade auch angesichts der enormen globalen Veränderungsprozesse, auf die wir als Gesellschaft adaptiv reagieren wollen. Dies gilt für Deutschland in ganz besonderem Maße, ein Land im Herzen eines vom Krieg in der Ukraine erschütterten Europas, ein Land, das arm an natürlichen Ressourcen ist, das dem Zivilschutz in den letzten Jahrzehnten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat, das vor enormen demograf ischen und infrastrukturellen Herausforderungen steht, das Antworten auf illiberale und antidemokratische Tendenzen in der Gesellschaft finden muss, das komplexe Bildungs- und Integrationsaufgaben zu bewältigen hat und das seinen zukünftigen Platz in der geopolitischen Neuordnung der Welt noch finden muss. Die Widerstandsfähigkeit unseres Landes wird nicht vom Staat und der Wirtschaft allein gewährleistet werden können. Sie ist vielmehr maßgeblich abhängig vom Verantwortungsbewusstsein und der Leistungsfähigkeit der Zivilgesellschaft sowie von möglichst vielfältigem bürgerschaftlichem Engagement! starke allianzen für kultur Die denkmalgeschützte Nepomukbrücke in Rech nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 Foto/ EKH-Pictures — stock.adobe.com „Entscheidend ist vielmehr, dass die Konzeption von Fördermaßnahmen zum Erhalt des kulturellen Erbes immer auch die Bedarfe und Anforderungen bürgerschaftlich engagierter Menschen und ehrenamtlich geführter Einrichtungen berücksichtigt.“

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 11 Bürgerschaftliches Engagement: Drei Aufgaben Wer die Stärkung des Ehrenamts und den Ausbau bürgerschaftlichen Engagements anmahnt, um die Vitalität des Kultursektors zu steigern und die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft insgesamt zu erhöhen, der sollte auch Antworten auf die Frage geben können, durch welche konkreten Maßnahmen beziehungsweise Förderinstrumente dies erreicht werden kann und welche Aufgaben oder Herausforderungen es auf demWeg dorthin zu bewältigen gilt. Denn selbstredend ist auch das Verhältnis zwischen Zivilgesellschaft, Staat und Markt nicht immer spannungsfrei und die Harmonisierung der Motivationen und Ziele bürgerschaftlichen Engagements einerseits mit den aus Sicht von staatlichen oder wirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren bestehenden Anforderungen an dieses Engagement andererseits nicht immer einfach. Dies kann auf beiden Seiten zu Verstimmung, Frustration und, im schlimmsten Fall, Resignation führen. Erstens: Wertschätzung Nach meinem Dafürhalten sind es in diesem Zusammenhang drei große Aufgaben, denen sich alle gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure, die bürgerschaftliches Engagement stärken wollen, gemeinsam widmen sollten. Erstens gilt: Es kann nie genug gegenseitige Wertschätzung geben. Diese Aussage bezieht sich sowohl auf die Wertschätzung, die bürgerschaftlichem Engagement als freiwilliger und unentgeltlicher Leistung für das Gemeinwesen gebührt, als auch auf die Wertschätzung, die der ebenso leidenschaftliche Einsatz professioneller Akteurinnen und Akteure für ihre Mitmenschen verdient. Denn eines ist klar: Auch qualifiziertes hauptamtliches Engagement ist für den langfristigen Erhalt unseres kulturellen Erbes unbedingt notwendig. Wertschätzung und Anerkennung sind Schlüssel für den Ausbau und die nachhaltige Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, darin stimmen wir sicher alle überein. Entscheidend ist jedoch, wie diese Wertschätzung zum Ausdruck gebracht wird, was sie beinhaltet und wo ihr gegebenenfalls Grenzen gesetzt werden. Hierin liegt für mich eine der zentralen Herausforderungen in der Weiterentwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland. Denn einerseits gibt es bereits zahlreiche Instrumente, mit denen insbesondere der Staat seine Anerkennung bürgerschaftlichen Engagements sichtbar macht. Allein das Land Nordrhein-Westfalen hat eine ganze Reihe dieser wichtigen staatlichen Anerkennungsinstrumente geschaffen, von der Ehrenamtskarte über den Engagementpreis NRW bis hin zum Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. Andererseits stellt sich die Frage, ob Wertschätzung in Form von finanziellen Vergünstigungen, Preisen und Auszeichnungen den tatsächlichen Leistungen bürgerschaftlich engagierter Menschen gerecht wird und ob ihre möglichen Erwartungen an Teilhabe und Mitbestimmung in den Einrichtungen, Projekten und Initiativen, in denen sie sich engagieren, durch solche Anerkennungsinstrumente wirklich adäquat abgegolten sind. Mit anderen Worten: Erfahren die Menschen, die sich freiwillig und unentgeltlich für das Gemeinwesen engagieren, Wertschätzung nicht nur in richtigem Maß, sondern auch in angemessener Form? Zweitens: Verantwortungsteilhabe Die zweite Aufgabe und Herausforderung im Zusammenhang mit dem Ausbau bürgerschaftlichen Engagements besteht demnach aus meiner Sicht darin, jenseits herkömmlicher Formen der Anerkennung vermehrt innovative Formate der Zusammenarbeit etwa zwischen staatlichen oder öffentlichen Institutionen einerseits und den in diesen Einrichtungen ehrenamtlich engagierten Menschen andererseits einzuführen. Diese innovativen Kooperationsformate sollten den Rahmen dafür schaffen, dass bürgerschaftlich Engagierten eine stärkere Einbindung in Konzeptions-, Planungs- und Entscheidungsprozesse und damit eine insgesamt erhöhte Teilhabe an der strategischen Ausrichtung und Leitung der Einrichtungen eingeräumt wird. Die schönste Form der Wertschätzung ist Vertrauen. Das Vertrauen, das bürgerschaftlich engagierten Menschen entgegengebracht wird, sollte es ihnen also auch ermögin ländlichen räumen

12 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 seum dabei, neue Formate des digitalen Wissenstransfers zu erproben und mithilfe interaktiver Medien archäologische Arbeitsweisen erlebbar zu machen.4 Im Bremer Focke-Museum sollen die Mitglieder eines Bürgerbeirats künftig Einblick in die Planungen der Institution bekommen und in aktuelle Fragen zur Ausstellungsentwicklung einbezogen werden. Darüber hinaus sollen sie eigene Ideen für die Neugestaltung des Museums einbringen.5 Drittens: Ermächtigung Damit bürgerschaftliches Engagement in diesem Sinne weiterentwickelt und quantitativ wie qualitativ ausgebaut werden kann, ist schließlich eine dritte Aufgabe in den Blick zu nehmen: die Ermächtigung der ehrenamtlich Engagierten. Diese Ermächtigung soll dazu führen, dass der bürgerschaftliche Einsatz den größtmöglichen Gewinn für die Engagierten selbst sowie für die Organisationen, Projekte oder die Initiativen erbringt, für die sie sich engagieren. Eine solche Form lichen, Verantwortung für die Einrichtung übernehmen zu dürfen, für die sie ihre Lebenszeit und ihre Ressourcen einsetzen. Mir ist durchaus bewusst, dass diese Forderung aus organisatorischen, juristischen und bisweilen auch aus zwischenmenschlichen Gründen nicht immer leicht umzusetzen ist. Gleichzeitig bin ich fest überzeugt davon, dass in öffentlichen Einrichtungen ein umsichtiges Teilen der Verantwortung – eine stärkere operative Verschränkung von Haupt- und Ehrenamt – ein wichtiger Katalysator für die Weiterentwicklung sowohl der Einrichtungen selbst als auch des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland sein kann. Im Bereich der Kultur gibt es zahlreiche vielversprechende Ansätze für eine gestärkte zivilgesellschaftliche Teilhabe in öffentlichen Einrichtungen. So unterstützt etwa ein Bürgerbeirat das LWL-Museum für Archäologie, das LWL-Römermuseum und das Deutsche Bergbau-Mustarke allianzen für kultur Foto/ © Land NRW/ Andrea Bowinkelmann „Erfahren die Menschen, die sich freiwillig und unentgeltlich für das Gemeinwesen engagieren, Wertschätzung nicht nur in richtigem Maß, sondern auch in angemessener Form?“

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 13 der Ermächtigung muss zweifelsohne mehr sein als eine bloße Zuweisung von Aufgaben. Vielmehr muss es, allgemein gesprochen, darum gehen, das jeweils spezifische Potential einer Person in einem bestimmten Engagementkontext zu identifizieren und individuell die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich dieses spezifische Potential auch optimal entfalten kann, sowohl im Sinne der oder des Engagierten als auch derjenigen Menschen, die von diesem Engagement profitieren sollen und wollen. Diese tiefgehende Ermächtigung bürgerschaftlich Engagierter ist eine sehr anspruchsvolle, vielfach unterschätzte Aufgabe, die Zuwendung, Aufmerksamkeit, Zeit, materielle Ressourcen und eine angemessene strukturelle Grundlage erfordert. Sie ist jedoch überaus lohnenswert, denn sie stellt eine weitere wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung bürgerschaftlichen Engagements dar und ist zugleich ein zusätzlicher Ausdruck der Wertschätzung gegenüber denjenigen Menschen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen wollen. Zur Bewältigung dieser Aufgabe müssen alle Akteurinnen und Akteure gleichermaßen beitragen: der Staat, die öffentlichen Einrichtungen, denen bürgerschaftliches Engagement zu Gute kommt, sowie die Organisationen, die die Interessen bürgerschaftlich Engagierter in Deutschland vertreten. Bürgerschaftliches Engagement: Drei Förderschwerpunkte Der Beitrag des Staates beziehungsweise öffentlicher Fördereinrichtungen zu den drei genannten Herausforderungen – Wertschätzung, Verantwortungsteilhabe und Ermächtigung – kann ganz unterschiedliche Formen annehmen und in verschiedenen Themenbereichen angesiedelt sein. Es würde zu weit führen, auf die entsprechenden Programme, Initiativen und Projekte auf diesem Gebiet einzugehen, die heute bereits existieren. Stattdessen möchte ich abschließend drei thematische Förderschwerpunkte benennen, von denen ich glaube, dass sie das Potential haben, vor dem Hintergrund der aktuell in unserer Gesellschaft insgesamt bestehenden Herausforderungen eine deutliche Stärkung bürgerschaftlichen Engagements im Bereich des Erhalts von kulturellem Erbe zu bewirken. Die entsprechenden Förderinstrumente müssen dabei nicht unbedingt nur auf den Ausbau und die Stärkung von bürgerschaftlichem Engagement zugeschnitten sein. Entscheidend ist vielmehr, dass die Konzeption von Fördermaßnahmen zum Erhalt des kulturellen Erbes immer auch die Bedarfe und Anforderungen bürgerschaftlich engagierter Menschen und ehrenamtlich geführter Einrichtungen berücksichtigt. Erläutern will ich diesen strategischen Förderansatz sowie die drei genannten thematischen Förderschwerpunkte anhand von drei Programmen, die die Kulturstiftung der Länder derzeit gemeinsam mit Partnerinstitutionen umsetzt und die explizit auch auf die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements beim Erhalt des kulturellen Erbes zielen. Erstens: Digitaler Wandel Das erste Thema, dem ich ein besonderes Potential für die nachhaltige Stärkung bürgerschaftlichen Engagements in der Kultur beimesse, ist der digitale Wandel oder die digitale Transformation. Diese digitale Transformation zielt auf die konsequente Einbeziehung von digitalen Technologien und Anwendungen in alle Prozesse der Produktion, der Dokumentation und der Vermittlung von Kultur und kultureller Praxis. in ländlichen räumen Die Ergebnisse der Zusammenarbeit des im Jahr 2018 im Rahmen des Projektes „Creative Collections“ aufgebauten Bürgerbeirates bestimmen die digitalen Konzepte des Badischen Landesmuseums mit. Foto/ ©Badisches Landesmuseum/Fabry

14 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 Dabei geht es immer auch um die Frage, wie insbesondere kleine und kleinste Kultureinrichtungen, die meist nur über geringe materielle und personelle Ressourcen verfügen, Attraktivität und Sichtbarkeit für ihre Angebote im digitalen Raum schaffen und damit auch neue Publika ansprechen können. Da eine Vielzahl nicht nur dieser kleineren Kulturinstitutionen auf bürgerschaftliches Engagement angewiesen ist, sollten Förderinstrumente für den digitalen Wandel im Kulturbereich immer gerade auch diese Zielgruppe in den Blick nehmen. Bei der Konzeption des Förderprogramms „Kultur.Gemeinschaften“, das gemeinsam von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aus Mitteln des Rettungs- und Zukunftspakets „Neustart Kultur“ und der Kulturstiftung der Länder finanziert wird, stand dieser Aspekt sogar im Vordergrund.6 Das Förderprogramm „Kultur.Gemeinschaften“ hat, allgemein gesprochen, das Ziel, durch die Förderung von digitaler Content-Produktion und den dazu erforderlichen Kompetenzen und Kooperationen insbesondere kleinere Kultureinrichtungen und Projektträger im Bereich Kultur bei der Umsetzung von Prozessen der digitalen Transformation zu unterstützen und ihnen damit eine langfristige und nachhaltig wirksame Perspektive für ihren digital gestützten, inklusiven Austausch mit einer vielfältigen Gesellschaft zu ermöglichen. Gerade auch das umfangreiche Fortbildungsprogramm, das wir im Rahmen von „Kultur.Gemeinschaften“ für die insgesamt circa 450 geförderten Einrichtungen und Projektträger anbieten, wird sehr gern in Anspruch genommen, da es insbesondere Grundlagenwissen im Bereich der digitalen Contentproduktion und der digital gestützten Kulturvermittlung bereitstellt. Zweitens: Notfallvorsorge Das zweite, förderpolitisch wichtige Thema, das ich hier mit Blick auf die Stärkung bürgerschaftlichen Engagements für unser kulturelles Erbe ansprechen möchte, ist die Notfallvorsorge. Über Jahrzehnte hinweg war dieses starke allianzen für kultur Das Förderprogramm KULTUR.GEMEINSCHAFTEN – KOMPETENZEN, KÖPFE, KOOPERATIONEN schafft über die Anregung der Kulturproduktion hinaus Fördermöglichkeiten für die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden in den geförderten Einrichtungen, fördert den Kompetenz- und Kapazitätsaufbau und unterstützt den Aufbau von Kooperationen. Grafik/ Kulturstiftung der Länder (abgerufen am: 29. September 2022 unter: www.kulturgemeinschaften.de/bilder/Kulturgemeinschaften_Vernetzung.png)

unliebsame Thema in den Hintergrund staatlichen Handelns gerückt. Dies trifft auch für das Risikomanagement und die Gefahrenabwehr bei Kultureinrichtungen und Kulturdenkmälern zu. Gleichzeitig tritt uns die Verwundbarkeit gerade auch des kulturellen Erbes angesichts von Naturkatastrophen, Extremwetterereignissen, Unfällen oder bewaffneten Konflikten immer wieder besonders eindringlich vor Augen. Diese Verwundbarkeit dürfte sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten gerade auch durch die Folgen des Klimawandels und geopolitischer Umbrüche noch erhöhen. Wenn die Annahme stimmt, dass die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft in Krisensituationen ganz maßgeblich von der Leistungsfähigkeit der Zivilgesellschaft und möglichst breitem bürgerschaftlichem Engagement abhängt (siehe oben), dann gilt dies selbstredend auch für den Schutz kulturellen Erbes. Zugespitzt formuliert: Wir werden das überaus reiche und vielfältige Kulturerbe in Deutschland ohne den Ausbau und die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, des freiwilligen und unentgeltlichen Einsatzes für die Kultur, in Zukunft nicht nachhaltig sichern können. Der Staat alleine kann und wird dieser enormen Aufgabe gerade auch angesichts der bestehenden Herausforderungen in anderen Politikfeldern nicht gerecht werden. Vor diesem Hintergrund und aus Anlass der Hochwasserkatastrophen in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 hat die Kulturstiftung der Länder im vergangenen Jahr die Initiative ergriffen und zusammen mit zahlreichen Partnerinstitutionen die „Notfallallianz Kultur“ ins Leben gerufen.7 Die Notfallallianz Kultur ist ein gesamtgesellschaftliches Bündnis für Kultur in akuten Krisen- und Notfallsituationen. Organisatorisch und strukturell schlank angelegt, ist die Notfallallianz Kultur eine bundesweite Plattform für Institutionen und Organisationen, die in Krisen- und Notfallsituationen jeweils eigenständig und im Rahmen ihrer spezifischen Fähigkeiten und Möglichkeiten (bedingt zum Beispiel durch Zuständigkeit, Mandat, Satzung) einen Beitrag zur Notfallhilfe im Bereich Kultur leisten und dies – gegebenenfalls zusätzlich zu der jeweils eigenständigen Kommunikation der entsprechenden Aktivitäten – als sichtbares Zeichen für gemeinsames und möglichst abgestimmtes Handeln auch gemeinsam als Notfallallianz Kultur kommunizieren. Ideelles Engagement ist dabei ebenso willkommen wie materielles. Im Vordergrund stehen dabei immer das gemeinsame Tun der Partner und die damit verbundene politische und gesellschaftliche Signalwirkung. Der Mehrwert einer solchen Allianz besteht darin, dass im akuten Notfall die erforderlichen Hilfsmaßnahmen für Kultureinrichtungen und das kulturelle Erbe an ein bereits bestehendes, bundesweites Netzwerk aus kompetenten staatlichen, zivilgesellschaftlichen und gegebenenfalls privatwirtschaftlichen Partnern anknüpfen können, die ihrerseits entsprechend zügig prüfen, ob sie in der aktuellen Situation einen Beitrag zur Notfallhilfe leisten wollen und worin dieser Beitrag konkret besteht. Die Notfallallianz Kultur versteht sich damit als zivilgesellschaftlich geprägte Ergänzung beziehungsweise Erweiterung der rein staatlichen Gefahrenabwehr und Katastrophenhilfe. Bei allen Maßnahmen hat jedoch der Katastrophenschutz von Ländern und Kommunen Vorrang. Er wird durch die Notfallallianz Kultur unterstützt. Gerade mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und seine derzeit kaum absehbaren kurz-, mittel- und langfristigen Folgen für den gesamten europäischen Kontinent ist eine deutlich intensivierte Notfallvorsorge in Deutschland gerade auch im Kulturbereich das Gebot der Stunde, das zu ignorieren grob fahrlässig wäre. in ländlichen räumen HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 15 „Wir werden das überaus reiche und vielfältige Kulturerbe in Deutschland ohne den Ausbau und die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, des freiwilligen und unentgeltlichen Einsatzes für die Kultur, in Zukunft nicht nachhaltig sichern können. Der Staat alleine kann und wird dieser enormen Aufgabe gerade auch angesichts der bestehenden Herausforderungen in anderen Politikfeldern nicht gerecht werden.“

16 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 Kulturfördervereine in Deutschland e. V. herausgreifen, die von der Kulturstiftung der Länder gefördert und inhaltlich begleitet wird. So hat der DAKU gemeinsam mit der Kulturstiftung der Länder die Initiative „Länder-Netzwerke“ angestoßen. Dazu schreibt der DAKU: die Initiative „Länder-Netzwerke“ „initiiert – gemeinsam mit regionalen Partnern – Netzwerke in den Ländern und fördert deren länderübergreifende Zusammenarbeit. Basis der Initiative sind Netzwerke aus Kulturfördervereinen in den einzelnen Ländern, die durch regionale Veranstaltungen entstehen. Sie sichern den Erfahrungsaustausch der Vereine untereinander, formulieren deren landesspezifische Bedarfe und ermöglichen die gegenseitige Unterstützung bei Vereinsaktivitäten. Ebenso arbeiten die Netzwerke daran, den Kulturfördervereinen im jeweiligen Land mehr öffentliche Aufmerksamkeit und eine starke Stimme zu verleihen. Um auch den Austausch der Länder-Netzwerke untereinander zu fördern und landesspezifische Bedarfe und Erfahrungen gegenüber bundesweit wirkenden Akteurinnen und Akteuren sichtbar zu machen, soll aus den Netzwerken heraus mittelfristig eine Versammlung entstehen, die auf Bundesebene agiert.“8 Digitaler Wandel, Notfallvorsorge, Vernetzung – mit förderpolitischen Impulsen, die diese Themen aufgreifen und gleichzeitig zum bürgerschaftlichen Engagement einladen, stärken wir nicht nur das Ehrenamt, sondern auch den Erhalt unseres gemeinsamen kulturellen Erbes. Vor dem afghanischen Nationalmuseum in Kabul befand sich lange Zeit eine Steintafel mit einer Inschrift. Diese Inschrift lautete: A nation stays alive when its culture stays alive („Eine Nation lebt, solange ihre Kultur lebt“). Ich würde diese Aussage gern ergänzen: Kultur lebt, solange das bürgerschaftliche Engagement dafür lebt. In seinem Festvortrag zur 88. Jahrestagung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in Münster unter dem Thema „Engagiert für die Zukunft: Ehrenamt in der Denkmalpflege“ am 15. Mai 2022 beleuchtete Prof. Dr. Markus Hilgert die Bedeutung des Ehrenamts für den Erhalt des kulturellen Erbes verbunden mit Chancen, Herausforderungen und Perspektiven. Dieser Text ist ein Auszug seines Vortrages. Prof. Dr. Markus Hilgert ist Altorientalist und seit 1. Juni 2018 Generalsekretär und Vorstand der Kulturstiftung der Länder. Von 2014 bis 2018 war er Direktor des VorderasiatiDrittens: Vernetzung Der dritte und vielleicht wichtigste Förderschwerpunkt zur Stärkung bürgerschaftlichen Engagements beim Erhalt kulturellen Erbes ist für mich die stärkere Vernetzung der entsprechenden zivilgesellschaftlichen Organisationen, Initiativen und Projekte über lokale und regionale Grenzen hinweg. Denn Herausforderungen wie die digitale Transformation oder die Notfallvorsorge sind derart komplex und weitreichend, dass Wissensaustausch und Zusammenarbeit auf transregionaler Ebene wesentliche Voraussetzungen für ihre erfolgreiche Bewältigung sind. Unter den zahlreichen und vielfältigen Bemühungen, die auf eine Vernetzung bürgerschaftlicher Engagementstrukturen untereinander und mit anderen relevanten Akteurinnen und Akteuren abzielen, möchte ich eine aktuelle Initiative des DAKU Dachverband der starke allianzen für kultur Politik & Kultur ist die Zeitung des Deutschen Kulturrates, die der Information und Vernetzung der Akteure dienen soll: sie berichtet zu aktuellen kulturpolitischen Fragestellungen und widmet sich zusätzlich in jeder Ausgabe einem Thema ausführlich. Grafik/ Deutscher Kulturrat e. V. (abgerufen am: 29. September 2022 unter: www.kulturrat.de/wp-content/uploads/2022/06/puk0708-22.pdf)

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 17 in ländlichen räumen schen Museums im Pergamonmuseum der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Von 2007 bis 2014 lehrte Hilgert als Professor (W3) für Altorientalistik an der Universität Heidelberg. Er ist Leiter der im Jahr 2020 an der Kulturstiftung der Länder eingerichteten „Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland“ und übt zahlreiche ehrenamtliche Funktionen auf nationaler und internationaler Ebene aus, darunter als Mitglied im Vorstand der Deutschen UNESCO-Kommission e. V., im Culture Advisory Council des NFDI4Culture Konsortiums, im Stiftungsrat der International Alliance for the Protection of Heritage in Conflict Areas (ALIPH), in der Advisory Group des Cultural Protection Fund des British Council sowie im Finance and Resources Committee of the International Council of Museums (ICOM). Hilgert hatte zahlreiche Gastprofessuren im In- und Ausland inne und lehrt derzeit als Honorarprofessor an der Universität Heidelberg, der Universität Marburg sowie der Freien Universität Berlin. Literaturangaben 1 www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/buergerschaftliches-engage ment/buergerschaftliches-engagement-node.html (abgerufen am: 27. Mai 2022) 2 Strachwitz, Rupert G.: Basiswissen Zivilgesellschaft. Berlin 2020 (Opuscula; 140), S. 8f. (abgerufen am: 27. Mai 2022 unter: nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-68884-0). 3 Leslie, Paul/McCabe, J. Terrence: Response Diversity and Resilience in Social-Ecological Systems. In: Current Anthropology, Volume 54, Number 2, April 2013. S. 114-143 (abgerufen am: 27. Mai 2022 unter: www.researchgate.net/publication/259713109_Response_Diversity_and_ Resilience_in_Social-Ecological_Systems); Biggs, Reinette/Schlüter, Maja/ Schoon, Michael L. (Hrsg.): Principles for Building Resilience. Sustaining Ecosystem Services in Social-Ecological Systems. Cambridge 2015, S. 58f. 4 www.kulturstiftung-des-bundes.de/de/projekte/film_und_neue_medien/detail/ museum_als_co_labor.html (abgerufen am: 27. Mai 2022) 5 www.focke-museum.de/museum/projekte/focke-2026/buergerbeirat/ (abgerufen am: 27. Mai 2022) 6 www.kulturstiftung.de/kultur-gemeinschaften/ (abgerufen am: 27. Mai 2022) 7 www.notfallallianz-kultur.de/ (abgerufen am: 27. Mai 2022) 8 www.kulturfoerdervereine.eu/laendernetzwerke (abgerufen am: 27. Mai 2022) Vor dem afghanischen Nationalmuseum in Kabul befand sich lange Zeit eine Steintafel mit der Inschrift: A nation stays alive when its culture stays alive. Foto/ Masoud Akbari (abgerufen am: 29. September 2022 unter: commons.wikimedia.org/wiki/File:Entrance_to_the_National_Museum_-_panoramio.jpg, „Entrance to the National Museum – panoramio“, creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode)

18 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 Digitaler Werkzeugkasten für Engagierte in der Kultur kommt nach NRW Staatskanzlei fördert Pilotprojekt des Westfälischen Heimatbundes und des Dachverbands der Kulturfördervereine in Deutschland Von Silke Eilers und Anna Schlottbohm alt, bei der Vielfalt der Angebote können Ehrenamtliche schon mal den Überblick verlieren: Welche Werkzeuge sind für den Verein geeignet? In kleineren Organisationen läuft die Arbeit über die Schreibtische weniger Mitglieder, die mit immensem Einsatz und viel Herzblut das Vereinsleben steuern. Dem digitalen Wandel können sie vom Vereins-Newsletter über Kollaborationssoftware bis hin zu Programmen, die bei der Kreation eigener Medieninhalte für Ausstellung, Webseite und Soziale Netzwerke unterstützen – die Palette digitaler Anwendungen, die im Vereinsalltag zu echten Helfern werden können, ist breit. Egal ob jung oder starke allianzen für kultur Schulung Jugendlicher zu „Digital-Coaches“ in Teterow, Mecklenburg-Vorpommern Foto/ PowerOn e. V./Dachverband der Kulturfördervereine in Deutschland e. V.

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 19 Das Konzept des digitalen Werkzeugkastens bringt junge Erwachsene und Vereine zusammen. Hier treffen Digital-Coaches Ehrenamtliche des Fördervereins Bürgerhaus der Gemeinde Warnkenhagen e. V. in Gottin, Mecklenburg-Vorpommern. Foto/ PowerOn e.V./Dachverband der Kulturfördervereine in Deutschland e. V. mit digitaler Souveränität, kleinschrittigen Zielsetzungen und achtsam eingeteilten Ressourcen begegnen. Digitale Werkzeuge können die meist ausschließlich ehrenamtlich getragene Arbeit enorm erleichtern, wenn sie mit Bedacht ausgewählt sind und im Vereinsalltag sorgfältig getestet wurden. Sie können helfen, die immer komplexeren Herausforderungen für Vereine zu bewältigen – und darüber hinaus auch Spaß machen. Damit Heimat-, Bürger- und Kulturfördervereine in Westfalen digitale Anwendungen praxisnah erproben und ihre Arbeit Schritt für Schritt bedarfsorientiert digitalisieren können, holt der Westfälische Heimatbund e. V. nun zusammen mit dem Dachverband der Kulturfördervereine in Deutschland e. V. (DAKU) das Konzept des digitalen Werkzeugkastens nach Nordrhein-Westfalen. Das Pilotprojekt „Digitaler Werkzeugkasten für Engagierte in der Kultur in NRW“ baut auf dem erfolgreichen Vorhaben des „Digitalen Werkzeugkastens für Kulturfördervereine“ auf. Dieser wurde bereits in drei Bundesländern etabliert: erst in Mecklenburg-Vorpommern, später in Rheinland-Pfalz und im Jahr 2022 auch in Hessen. Nun soll das Konzept in Nordrhein-Westfalen weiterentwickelt, praktisch erprobt und nachhaltig verankert werden. Im Rahmen des generationenübergreifenden Projektes soll die operative Vereinsarbeit mithilfe digitaler Werkzeuge gefördert werden. Neu ist dabei im Vergleich zu den bisherigen Projekten: In Westfalen wird das Konzept gleichzeitig sowohl im ländlichen Raum als auch in einer Stadt musterhaft umgesetzt. Die Projektergebnisse sollen Ehrenamtlichen in ganz NRW Inspiration bieten und landesweit genutzt werden können. Die Staatskanzlei NRW fördert das Vorhaben im Rahmen des Projektaufrufs „Ausweitung des Angebotes an Weiterbildungen und Qualifizierungen für ehrenamtlich Engagierte und zivilgesellschaftliche Organisationen“. Die Umsetzung erfolgt bis Ende September 2023. Digitalisierung generationen- übergreifend gestalten Im Rahmen des Digitalen Werkzeugkastens erarbeiten 14 ausgewählte Vereine gemeinsam mit medienpädagogisch geschulten, jungen Freiwilligen bedarfsgerechte digitale Werkzeuge. Dabei erhalten sowohl in der ländlichen Modellregion als auch in dem ausgewählten städtischen Modellraum jeweils sieben Vereine die Möglichkeit, in persönlichen Treffen zusammen mit den jungen Digital-Coaches, kurz „Diggies“ die digitale Struktur ihres Vereins zu erweitern und auszugestalten. Bei der Einführung und Erprobung der digitalen Werkzeuge werden die teilnehmenden Vereine vor Ort jeweils von ein bis zwei jungen Engagierten aus der Region unterstützt. Als Grundlage für die Zusammenarbeit dienen praxisnahe digitale Programme, die auf der ProjektDigital-Coaches begleiten Ehrenamtliche des Fördervereins Bürgerhaus der Gemeinde Warnkenhagen e.V. mit ihrer Kamera in Gottin, Mecklenburg-Vorpommern. Foto/ PowerOn e. V./Dachverband der Kulturfördervereine in Deutschland e. V. in ländlichen räumen

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