Oktober 2022: Heimat Westfalen, 35. Jahrg. 5/2022

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 11 Bürgerschaftliches Engagement: Drei Aufgaben Wer die Stärkung des Ehrenamts und den Ausbau bürgerschaftlichen Engagements anmahnt, um die Vitalität des Kultursektors zu steigern und die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft insgesamt zu erhöhen, der sollte auch Antworten auf die Frage geben können, durch welche konkreten Maßnahmen beziehungsweise Förderinstrumente dies erreicht werden kann und welche Aufgaben oder Herausforderungen es auf demWeg dorthin zu bewältigen gilt. Denn selbstredend ist auch das Verhältnis zwischen Zivilgesellschaft, Staat und Markt nicht immer spannungsfrei und die Harmonisierung der Motivationen und Ziele bürgerschaftlichen Engagements einerseits mit den aus Sicht von staatlichen oder wirtschaftlichen Akteurinnen und Akteuren bestehenden Anforderungen an dieses Engagement andererseits nicht immer einfach. Dies kann auf beiden Seiten zu Verstimmung, Frustration und, im schlimmsten Fall, Resignation führen. Erstens: Wertschätzung Nach meinem Dafürhalten sind es in diesem Zusammenhang drei große Aufgaben, denen sich alle gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure, die bürgerschaftliches Engagement stärken wollen, gemeinsam widmen sollten. Erstens gilt: Es kann nie genug gegenseitige Wertschätzung geben. Diese Aussage bezieht sich sowohl auf die Wertschätzung, die bürgerschaftlichem Engagement als freiwilliger und unentgeltlicher Leistung für das Gemeinwesen gebührt, als auch auf die Wertschätzung, die der ebenso leidenschaftliche Einsatz professioneller Akteurinnen und Akteure für ihre Mitmenschen verdient. Denn eines ist klar: Auch qualifiziertes hauptamtliches Engagement ist für den langfristigen Erhalt unseres kulturellen Erbes unbedingt notwendig. Wertschätzung und Anerkennung sind Schlüssel für den Ausbau und die nachhaltige Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, darin stimmen wir sicher alle überein. Entscheidend ist jedoch, wie diese Wertschätzung zum Ausdruck gebracht wird, was sie beinhaltet und wo ihr gegebenenfalls Grenzen gesetzt werden. Hierin liegt für mich eine der zentralen Herausforderungen in der Weiterentwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland. Denn einerseits gibt es bereits zahlreiche Instrumente, mit denen insbesondere der Staat seine Anerkennung bürgerschaftlichen Engagements sichtbar macht. Allein das Land Nordrhein-Westfalen hat eine ganze Reihe dieser wichtigen staatlichen Anerkennungsinstrumente geschaffen, von der Ehrenamtskarte über den Engagementpreis NRW bis hin zum Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. Andererseits stellt sich die Frage, ob Wertschätzung in Form von finanziellen Vergünstigungen, Preisen und Auszeichnungen den tatsächlichen Leistungen bürgerschaftlich engagierter Menschen gerecht wird und ob ihre möglichen Erwartungen an Teilhabe und Mitbestimmung in den Einrichtungen, Projekten und Initiativen, in denen sie sich engagieren, durch solche Anerkennungsinstrumente wirklich adäquat abgegolten sind. Mit anderen Worten: Erfahren die Menschen, die sich freiwillig und unentgeltlich für das Gemeinwesen engagieren, Wertschätzung nicht nur in richtigem Maß, sondern auch in angemessener Form? Zweitens: Verantwortungsteilhabe Die zweite Aufgabe und Herausforderung im Zusammenhang mit dem Ausbau bürgerschaftlichen Engagements besteht demnach aus meiner Sicht darin, jenseits herkömmlicher Formen der Anerkennung vermehrt innovative Formate der Zusammenarbeit etwa zwischen staatlichen oder öffentlichen Institutionen einerseits und den in diesen Einrichtungen ehrenamtlich engagierten Menschen andererseits einzuführen. Diese innovativen Kooperationsformate sollten den Rahmen dafür schaffen, dass bürgerschaftlich Engagierten eine stärkere Einbindung in Konzeptions-, Planungs- und Entscheidungsprozesse und damit eine insgesamt erhöhte Teilhabe an der strategischen Ausrichtung und Leitung der Einrichtungen eingeräumt wird. Die schönste Form der Wertschätzung ist Vertrauen. Das Vertrauen, das bürgerschaftlich engagierten Menschen entgegengebracht wird, sollte es ihnen also auch ermögin ländlichen räumen

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