Oktober 2022: Heimat Westfalen, 35. Jahrg. 5/2022

10 / HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 Dabei geht es um die übergeordnete Frage, wie solche komplexen adaptiven Systeme auf die Herausforderungen, Chancen und Risiken reagieren, die sich aus Veränderungen in Gesellschaft, Technologie oder Umwelt ergeben. Jüngere sozialwissenschaftliche Untersuchungen deuten in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Vielfalt und die damit einhergehende Vielfalt von Reaktionsoptionen die Resilienz von Gesellschaften bei Veränderungsprozessen maßgeblich beeinflusst.3 Wenn es zutrifft, dass in komplexen Systemen eine Korrelation zwischen Diversität und Resilienz besteht und dass sich Vielfalt und Redundanz in den verschiedenen Komponenten eines Systems positiv auf dessen Kapazität auswirken, disruptiven Veränderungen oder massiven Erschütterungen adaptiv zu begegnen, so muss dies auch Konsequenzen für die Stärkung bürgerschaftlichen Engagements in unserer Gesellschaft insgesamt sowie in der Kultur im Besonderen haben. Es kommt darauf an, bei der Bewältigung großer, transsektoraler Herausforderungen wie dem Schutz von Kulturgut die Vielfalt der Perspektiven und des Wissens sowie die Diversität der Gegenstandsbereiche, Konzepte und Methoden zu erhalten und nach Möglichkeit auszubauen. Wir müssen dies tun, um die Leistungsfähigkeit und Resilienz unserer Gesellschaft insgesamt, aber auch des Kultursektors sowie des Bildungs- und Wissenschaftssystems im Besonderen zu gewährleisten, gerade auch angesichts der enormen globalen Veränderungsprozesse, auf die wir als Gesellschaft adaptiv reagieren wollen. Dies gilt für Deutschland in ganz besonderem Maße, ein Land im Herzen eines vom Krieg in der Ukraine erschütterten Europas, ein Land, das arm an natürlichen Ressourcen ist, das dem Zivilschutz in den letzten Jahrzehnten zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat, das vor enormen demograf ischen und infrastrukturellen Herausforderungen steht, das Antworten auf illiberale und antidemokratische Tendenzen in der Gesellschaft finden muss, das komplexe Bildungs- und Integrationsaufgaben zu bewältigen hat und das seinen zukünftigen Platz in der geopolitischen Neuordnung der Welt noch finden muss. Die Widerstandsfähigkeit unseres Landes wird nicht vom Staat und der Wirtschaft allein gewährleistet werden können. Sie ist vielmehr maßgeblich abhängig vom Verantwortungsbewusstsein und der Leistungsfähigkeit der Zivilgesellschaft sowie von möglichst vielfältigem bürgerschaftlichem Engagement! starke allianzen für kultur Die denkmalgeschützte Nepomukbrücke in Rech nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 Foto/ EKH-Pictures — stock.adobe.com „Entscheidend ist vielmehr, dass die Konzeption von Fördermaßnahmen zum Erhalt des kulturellen Erbes immer auch die Bedarfe und Anforderungen bürgerschaftlich engagierter Menschen und ehrenamtlich geführter Einrichtungen berücksichtigt.“

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