Oktober 2022: Heimat Westfalen, 35. Jahrg. 5/2022

HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 5 Der Dom zu Limburg von Südwesten Foto/ aro49— stock.adobe.com eindrucksvoll, dass unsere Gesellschaft ohne das Ehrenamt nicht denkbar ist oder, anders formuliert, dass unser Zusammenleben ohne bürgerschaftliches Engagement – ohne Ihr bürgerschaftliches Engagement – niemals gelingen könnte! Dies ist keineswegs übertrieben, denn derzeit sind es etwa 30 Millionen Menschen in Deutschland – also deutlich mehr als ein Drittel unserer Bevölkerung – die sich freiwillig in Sport-, Kultur- und Musikvereinen, in Schulen und Kindertageseinrichtungen, in Umweltprojekten, im Pflege- und Gesundheitsbereich, in Bürgervereinen und Stadtteilinitiativen sowie in den im Bevölkerungsschutz tätigen Organisationen wie den Feuerwehren engagieren.1 Erstens: Westerwald Wenn ich selbst das Wort „Ehrenamt“ höre, dann sind es vor allem drei Bilder, die mir ganz unwillkürlich in den Sinn kommen. Zunächst denke ich an meine Kindheit in einem kleinen Dorf am Fuße des Westerwaldes. Alles, was das menschliche Zusammenleben dort lebenswert und besonders machte, was Zusammenhalt förderte und gegenseitige Solidarität stärkte, basierte auf bürgerschaftlichem Engagement: Der Fußballverein, die Frauengemeinschaft, der Männergesangverein, der Gemeinderat, die Freiwillige Feuerwehr. Natürlich spielten auch die Kirchen mit ihren kulturellen und sozialen Aktivitäten eine wichtige Rolle. Doch auch diese Aktivitäten wurden maßgeblich getragen durch das ehrenamtliche Engagement von Frauen und Männern – in vielen Fällen dieselben Bürgerinnen und Bürger, die sich auch an anderer Stelle freiwillig und unentgeltlich für die Dorfgemeinschaft einsetzten. Dieses engmaschige Geflecht aus tätigem, fürsorglichem und uneigennützigem Engagement, in dem sich auch die Vielstimmigkeit der Dorfgesellschaft entfalten konnte und dass sich gerade in schwierigen Zeiten als stabil und widerstandsfähig erwies, hat mein persönliches Idealbild von gesellschaftlichem Miteinander nachhaltig geprägt. Zweitens: Chicago Das zweite Bild, das ich mit dem Begriff Ehrenamt stets in Verbindung bringe, stammt aus meiner Studienzeit und hat meine Vorstellung davon, wie weit bürgerschaftliches Engagement gehen und wie wichtig es für die Handlungsfähigkeit von Institutionen sein kann, grundlegend verändert. Am Oriental Institute der University of Chicago, zu dem auch ein Museum sowie eine umfangreiche Sammlung von archäologischem Kulturgut aus Westasien und Nordafrika gehören, lernte ich, dass sogenannte Volunteers, also Freiwillige, in vielen Abteilungen der Einrichtung mit verantwortungsvollen Tätigkeiten betraut waren, so etwa bei der Dokumentation und Registrierung von Sammlungsbeständen, in der Forschungsbibliothek, in den zahlreichen VermittDie Statue eines Lamassu – eines assyrischen Schutzdämons im Oriental Institute Museum in der University of Chicago Foto/ Trjames (abgerufen am: 29. September 2022 unter: commons.wikimedia.org/wiki/ File:Lammasu.jpg, „Lammasu“, creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode) in ländlichen räumen

RkJQdWJsaXNoZXIy NzQ0Mjg=