Oktober 2022: Heimat Westfalen, 35. Jahrg. 5/2022

unliebsame Thema in den Hintergrund staatlichen Handelns gerückt. Dies trifft auch für das Risikomanagement und die Gefahrenabwehr bei Kultureinrichtungen und Kulturdenkmälern zu. Gleichzeitig tritt uns die Verwundbarkeit gerade auch des kulturellen Erbes angesichts von Naturkatastrophen, Extremwetterereignissen, Unfällen oder bewaffneten Konflikten immer wieder besonders eindringlich vor Augen. Diese Verwundbarkeit dürfte sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten gerade auch durch die Folgen des Klimawandels und geopolitischer Umbrüche noch erhöhen. Wenn die Annahme stimmt, dass die Widerstandsfähigkeit unserer Gesellschaft in Krisensituationen ganz maßgeblich von der Leistungsfähigkeit der Zivilgesellschaft und möglichst breitem bürgerschaftlichem Engagement abhängt (siehe oben), dann gilt dies selbstredend auch für den Schutz kulturellen Erbes. Zugespitzt formuliert: Wir werden das überaus reiche und vielfältige Kulturerbe in Deutschland ohne den Ausbau und die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, des freiwilligen und unentgeltlichen Einsatzes für die Kultur, in Zukunft nicht nachhaltig sichern können. Der Staat alleine kann und wird dieser enormen Aufgabe gerade auch angesichts der bestehenden Herausforderungen in anderen Politikfeldern nicht gerecht werden. Vor diesem Hintergrund und aus Anlass der Hochwasserkatastrophen in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 hat die Kulturstiftung der Länder im vergangenen Jahr die Initiative ergriffen und zusammen mit zahlreichen Partnerinstitutionen die „Notfallallianz Kultur“ ins Leben gerufen.7 Die Notfallallianz Kultur ist ein gesamtgesellschaftliches Bündnis für Kultur in akuten Krisen- und Notfallsituationen. Organisatorisch und strukturell schlank angelegt, ist die Notfallallianz Kultur eine bundesweite Plattform für Institutionen und Organisationen, die in Krisen- und Notfallsituationen jeweils eigenständig und im Rahmen ihrer spezifischen Fähigkeiten und Möglichkeiten (bedingt zum Beispiel durch Zuständigkeit, Mandat, Satzung) einen Beitrag zur Notfallhilfe im Bereich Kultur leisten und dies – gegebenenfalls zusätzlich zu der jeweils eigenständigen Kommunikation der entsprechenden Aktivitäten – als sichtbares Zeichen für gemeinsames und möglichst abgestimmtes Handeln auch gemeinsam als Notfallallianz Kultur kommunizieren. Ideelles Engagement ist dabei ebenso willkommen wie materielles. Im Vordergrund stehen dabei immer das gemeinsame Tun der Partner und die damit verbundene politische und gesellschaftliche Signalwirkung. Der Mehrwert einer solchen Allianz besteht darin, dass im akuten Notfall die erforderlichen Hilfsmaßnahmen für Kultureinrichtungen und das kulturelle Erbe an ein bereits bestehendes, bundesweites Netzwerk aus kompetenten staatlichen, zivilgesellschaftlichen und gegebenenfalls privatwirtschaftlichen Partnern anknüpfen können, die ihrerseits entsprechend zügig prüfen, ob sie in der aktuellen Situation einen Beitrag zur Notfallhilfe leisten wollen und worin dieser Beitrag konkret besteht. Die Notfallallianz Kultur versteht sich damit als zivilgesellschaftlich geprägte Ergänzung beziehungsweise Erweiterung der rein staatlichen Gefahrenabwehr und Katastrophenhilfe. Bei allen Maßnahmen hat jedoch der Katastrophenschutz von Ländern und Kommunen Vorrang. Er wird durch die Notfallallianz Kultur unterstützt. Gerade mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und seine derzeit kaum absehbaren kurz-, mittel- und langfristigen Folgen für den gesamten europäischen Kontinent ist eine deutlich intensivierte Notfallvorsorge in Deutschland gerade auch im Kulturbereich das Gebot der Stunde, das zu ignorieren grob fahrlässig wäre. in ländlichen räumen HEIMAT WESTFALEN – 5/2022 / 15 „Wir werden das überaus reiche und vielfältige Kulturerbe in Deutschland ohne den Ausbau und die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, des freiwilligen und unentgeltlichen Einsatzes für die Kultur, in Zukunft nicht nachhaltig sichern können. Der Staat alleine kann und wird dieser enormen Aufgabe gerade auch angesichts der bestehenden Herausforderungen in anderen Politikfeldern nicht gerecht werden.“

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